Rheinland-Pfalz

Verkehrswende rückwärts in Ludwigshafen!

Als die am stärksten versiegelte deutsche Stadt gilt Ludwigshafen am Rhein. Laut einer im Mai dieses Jahres vom Gesamtverband der Versicherer (GDV) veröffentlichten Studie sind zwei Drittel von Ludwigshafen bebaut, betoniert oder asphaltiert, vor allem für große Industrieflächen, aber auch schon heute mit ausgreifenden Straßenbauten.

 

Zwei Hochstraßen dominieren das Stadtbild. Die gigantischen, inzwischen maroden Betonautobahnen aus den 1960er und 70er Jahren sollen nun in zwei millionenschweren Projekten wieder instandgesetzt bzw. „umgebaut“ werden:

Während die Hochstraße Süd seit Mitte Juli neu aufgebaut wird, soll die Hochstraße Nord durch eine achtspurige, ebenerdige Straße durch das Zentrum Ludwigshafens ersetzt werden. Rad- und Fußverkehr spielt in den aktuellen Planungen nur eine untergeordnete Rolle.

Die geplante Helmut-Kohl-Allee wird die Lebensqualität in der ohnehin schon verwaisten Innenstadt langfristig und auf zahlreiche Weisen weiter belasten:

  • Die Allee wird insbesondere dem Durchgangsverkehr dienen. Außerdem schneidet sie den Stadtteil Nord vom Stadtzentrum ab und führt damit zu einer weiteren Verödung der Innenstadt. Das Projekt entspricht den Planungsgrundsätzen der "autogerechten Stadt" aus den 1950er/1960er-Jahren. Diese werden heute von Bürgern und Fachleuten als verhängnisvoller Irrtum erkannt, der den Innenstädten die Lebensqualität genommen und Wohnquartiere zu Schlafstädten degradiert hat. In Ludwigshafen wurde diese Politik mit besonders dramatischen Konsequenzen verfolgt und soll offenbar immer noch fortgeführt werden.

  • Die geplante Helmut-Kohl-Allee ist auf bis zu 50.000 Autos pro Tag ausgelegt. Lärm, Staub, Schadstoffe der ebenerdigen Straße werden alle Ludwigshafener:innen, vor allem die Anwohner:innen, stark belasten. Auch die neuen, viel zu breiten Asphaltflächen lassen das Gesundheitsrisiko, vor allem im Sommer, ansteigen. In Zeiten der Klimakrise ist es höchst unsinnig, weitere Flächen in einer Stadt zu versiegeln, statt für viel mehr Schatten durch Grünflächen zu sorgen.

  • Mit der im Planfeststellungsbeschluss vorgegebenen Straßenraumaufteilung wird auf Jahrzehnte festgeschrieben, dass es keinen grünen Mittelstreifen auf der "Allee" gibt, dass im Seitenraum zu wenige Platz für große Bäume sein wird und dass der Radverkehr - inklusive Fahrräder mit Anhängern, Kindertransporträder, große Lastenräder - auf viel zu schmale Wege eingeengt bleibt. 2,50 m Breite auf explizit für den Zweirichtungsverkehr vorgesehenen oder zwangsläufig als solche zu nutzenden Radwege, im Plan rötlich gezeichnet, verhindert Radverkehr und ist normverletzend.

  • Die zusätzlichen Schulden der bereits extrem verschuldeten Stadt, die für die Helmut-Kohl-Allee angehäuft werden müssen, werden zu weiteren tiefen Einschnitten in die Leistungen für alle BürgerInnen führen. Hallenbäder, Sportanlagen, Parks, Freizeitflächen, Kulturangebote, soziale Einrichtungen u.v.m. stehen dann auf dem Prüfstand.

  • Für den dringend notwendigen Ausbau bzw. die Reaktierung eines leistungsfähigen ÖPNV, die Schaffung einer attraktiven Radinfrastruktur sowie die Instandhaltung von Straßen aller Art wird kaum noch Geld zur Verfügung stehen.

Und das alles, obwohl die Begründung auf überholten Verkehrsprognosen beruht, die angesichts des Klimawandels nicht realisiert werden dürfen (vgl. https://rlp.vcd.org/startseite/detail/bedarfsfeststellung-fuer-den-strassenausbau-nach-bundesverkehrswegeplan-ist-ungueltig). Die Verkehrswende wird für Jahrzehnte ad absurdum geführt. Ohne eine Reduzierung des Autoverkehrs wird die Stadt die Klimaziele des Klimaschutzgesetzes nicht einhalten können und verstößt massiv gegen die Vorgaben auch des Bundesverfassungsgerichts zum Klimaschutz im Interesse der nachfolgenden Generationen.

Vgl. und weitere Informationen: https://bilelu.de

 

cb / rr

zurück