Rheinland-Pfalz

Bedarfsfeststellung für den Straßenausbau nach Bundesverkehrswegeplan ist ungültig

Ein vom BUND in Auftrag gegebenes Gutachten zeigt auf, dass die bundesgesetzlichen Maßnahmenkataloge nach dem Bundesverkehrswegeplan (BVWP 2030) keine gültige Feststellung des Bedarfs für Straßenausbaumaßnahmen liefern. Die Gültigkeit wurde bei Einsprüchen gegen Maßnahmen bisher als unanfechtbar unterstellt.

 

Laut dem Gutachten entfällt der BWVP jedoch als rechtliche Basis. Denn er seinerseits beachtet nicht ausreichend die EU-rechtlichen und verfassungsrechtlichen Vorgaben zum Klimaschutz. Dieses Argument hat große Bedeutung zum Beispiel für einen Einspruch gegen den geplanten Ausbau der A 643 im Herz des Naturschutzgebietes "Mainzer Sand" wie bei allen anderen großen Straßenbauprojekten.

Rupert Röder fasst das Gutachten ohne juristische Fachbegriffe in vier Punkten zusammen: 

(1) In den bisherigen Verfahren  konnte bei einem Einspruch gegen ein Straßenaus- oder Neubau nicht eingewendet werden, dass kein Bedarf für den Straßenaus/neubau besteht, sofern der Bau in den Bedarfsplänen zum BWVP, die als Gesetz beschlossen werden, als Maßnahme mit Bedarf eingestuft worden ist -  was bei umstrittenen Großvorhaben in aller Regel der Fall ist.

(2) Laut dem Gutachten sind aber beim derzeitigen rechtlichen Stand die Bedarfspläne des BWVP nicht bindend.  Im Gegenteil muss der Bedarf durch die Behörde, die den Planfeststellungsbeschluss erlässt, neu geprüft werden. Demgemäß kann die Bedarfsfeststellung (bzw. die nicht durchgeführte Überprüfung des Bedarfs) in einem Einspruch gegen die Baumaßnahme angegriffen werden.

(3) Der erste - gesetzgebungstechnisch-formelle - Grund hierfür liegt darin, dass die Bedarfspläne nicht gültig erlassen wurden, weil nach EU-Recht sie nur auf Basis einer "Strategischen Umweltprüfung" hätten erstellt werden dürfen, dies aber faktisch nicht geschehen sei.

(4) Der zweite - inhaltlich-materielle - Grund (und das kann jede und jeder unmittelbar nachvollziehen) lautet, dass das CO2-Schadensvolumen, das durch die Maßnahmen des BWVP insgesamt induziert wird mit den Vorgaben des Klimaschutzgesetzes völlig unvereinbar ist. Dies gilt insbesondere im Lichte des Urteils des Bundesverfassungsgerichts aus dem Jahr 2021, dass nicht die Lasten des Klimaschutzes in die Zukunft verschoben werden dürfen, sondern das Grundgesetz eine Gerechtigkeit zwischen den Generationen fordert. Die faktischen Missachtung des Klimaschutzes im BWVP könne nicht auf der Ebene von einzelnen Bauprojekten "geheilt" werden mit dem Argument, dass sie jeweils nur ein geringes Volumen betreffen, sondern im Gegenteil müssten die Einzelvorhaben jeweils passen zu einer (derzeit nicht vorhandenen) generellen klimapolitisch korrekten Vorgehensweise.

Die Verfasserin des Rechtsgutachtens Rechtsanwältin Franziska Heß (Kanzlei Baumann Rechtsanwälte PartGmbB) erläutert in einer Pressemitteilung des BUND: „Das Gutachten zeigt auf, dass der Bundesverkehrswegeplan erheblichen verfassungsrechtlichen Bedenken unterliegt. Er ist weder mit dem Ziel der Klimaneutralität noch mit Artikel 20a des Grundgesetzes vereinbar. Dieser besagt, dass der Staat auch für den Schutz der natürlichen Lebensgrundlagen künftiger Generationen sowie der Tiere verantwortlich ist. Das Pariser Klimaabkommen sieht eine Begrenzung auf deutlich unter zwei Grad Celsius und möglichst auf 1,5 Grad Celsius gegenüber dem vorindustriellen Niveau vor. Der BVWP 2030 hat die Ziele des Pariser Klimaabkommens aber gar nicht berücksichtigt.

zurück