Anlässlich der bevorstehenden Wahl zum Oberbürgermeister von Mainz nutzte der VCD seinen Neujahrsempfang um mit den Kandidierenden ins Gespräch zu kommen. Neben einer Fragerunde rund ums Thema zukunftsfähige Verkehrspolitik, konnten die Anwesenden sich direkt mit den OB-Kandidatinnen und -Kandidaten austauschen.
Zu Beginn wurden die Kandidaten von Rupert Röder dazu aufgefordert, in der Form von knappen Statements ihre langfristigen Ideen für die Mainzer Verkehrspolitik zu beschreiben. Darin, dass der öffentliche Nahverkehr in der Stadt sowie im Umland ausgebaut werden sollte, waren sich die Kandidierenden weitestgehend einig. Auch die Notwendigkeit eines Ausbaus des Fahrradwegenetzes auf diesem Gebiet wurde von allen Kandidat:innen festgestellt.
Als Schwerpunktthema für die Veranstaltung hatte der VCD die Frage des schon jahrzehntelang diskutierten Ausbaus der Rheinhessenstraße (L425) gewählt. Die Landstraße verbindet Mainz-Hechtsheim mit Mainz-Ebersheim und stellt zugleich eine hochfrequentierte Verkehrsachse nach Rheinhessen dar, auf der es in der Rush hour zu Staus kommt. Vor kurzem wurde ein tragischer Verkehrsunfall als Anlass genommen, die Diskussion neu anzufeuern.
CDU und FDP fordern zusammen mit dem LBM den 4-spurigen (oder „-streifigen“, wie der Fachjargon lautet) Ausbau der L 425, der VCD Rheinhessen lehnt ihn strikt ab. Statt weiteren Autospuren, die langfristig nur noch mehr motorisierten Individualverkehr (MIV) in die Stadt ziehen und dort Staus produzieren würden, muss, so die Position des VCD, massiv in den ÖPNV investiert werden. Zudem müssen die Verbindungswege von Ebersheim in die Stadt für das Rad ganzjährig nutzbar gemacht werden. Das ist die einzig nachhaltige Option, die die Menschen motivieren kann, vom Auto auf ein klimafreundliches Verkehrsmittel umzusteigen.
Dabei plädiert der VCD für den zeitnahen Bau einer Straßenbahn auf einem Rasengleis parallel zur L 425, für die im Flächennutzungsplan als Verlängerung der Bahn nach Hechtsheim schon seit Jahrzehnten der Platz vorgehalten wird. Direkt umzusetzen wäre außerdem eine konsequente Vorrangschaltung für den Busverkehr auf der L 425, dann würden die Busse nicht mehr im Stau stecken. Dagegen lehnt der VCD eine ÖPNV-Spur im Sinne der Erweiterung der jetzigen L 425 um eine Busspur ab, die anders als Straßenbahngleise einen massiven Landschaftseingriff bedeutete und die Nutzung dann doch auch für den MIV nahelegen würde.
Die Antworten der Kandidat:innen auf diesen Impuls wichen sämtlich von der VCD-Position ab. Es gab zwei Lager: Nino Haase, Mareike v. Jungenfeld, Martin Malcherek und Christian Viering lehnen den vierspurigen Ausbau der Straße für Individualverkehr ab, zeigen sich aber offen für eine zusätzliche, separate Busspur. Haase schlägt zusätzlich dazu einen Park & Ride-Platz als Umsteigepunkt für Verkehrsteilnehmer vor. Dagegen spricht, so der VCD, dass eine städtische Untersuchung bereits erhoben hat, dass nur wenige Autofahrer kurz vor der Innenstadt vom eigenen PKW auf den Bus umsteigen. Der Grünen-Kandidat Christian Viering hebt hervor, dass er eine - gesonderte - Bustrasse nur als Übergangslösung ansähe und dringend für eine Errichtung der Straßenbahnlinie ist. Im anderen „Lager“ positioniert sich Marc Engelmann (FDP) strikt für den 4-spurigen Ausbau der L 425 und beruft sich bei der Frage auf die fachliche Einschätzung des LBM, auch wenn der VCD diese in Zweifel zieht. Eine Zwischenposition nimmt Manuela Matz, CDU-Kandidatin und derzeit Wirtschaftsdezernentin der Stadt Mainz, ein, die sich mindestens den Ausbau einer dritten Spur mit Vorrang für den ÖPNV wünscht.
Im Anschluss erhielt das Publikum noch die Möglichkeit, eigene Fragen an die OB-Kandidat:innen zu richten. Dabei wurde das Thema Wohnungsbau und Weiterentwicklung debattiert. Mareike von Jungenfeld bekräftigt, den Mainzer Biotechnologie-Standort weiter ausbauen zu wollen, um neue attraktive Arbeitsplätze zu schaffen. Außerdem sei eine weitere Bebauung notwendig, um bezahlbaren Wohnraum zu schaffen. Manuela Matz befürwortet ebenfalls die Förderung der Green- und Ökotechnologie und möchte die Entwicklung von Wohnraumquartieren anregen, dabei aber klimaverträglich agieren. Der unabhängige OB-Kandidat Nino Haase äußerte hinsichtlich des Themas Wohnraum, Leerstandmanagement betreiben zu wollen. Dr. Marc Engelmann (FDP) möchte vor allem das Wachstum der Stadt fördern und begrüßt Innovationen wie beispielsweise grüne Dächer und Photovoltaik. Im Bezug auf das Thema Wohnraum fasst er besonders den Geschosswohnungsbau als zukunftsfähig ins Auge. Christian Viering, der Kandidat der Grünen, befindet, dass angesichts der Klimaziele die Grenzen des Wachstums beachtet werden müssten. Die bestehenden bebauten Flächen müssten besser genutzt werden, neue Flächen für Einfamilienhäuser könnten wir uns einfach nicht mehr leisten. Martin Malcherek fordert, dass die Stadt beim Erwerb von Grundstücken und Immobilien aktiv sein muss. Bei rationeller Nutzung vorhandener Flächen gebe es ein umfangreiches Potential für Gewerbe und Wohnen.