Rheinland-Pfalz

Bahn & Bus, Verkehrspolitik, Pressemitteilung
Mittelrhein

Neue Zukunft für alte Strecken!

Widerstand gegen Entwidmung der Bahnstrecke Koblenz-Bassenheim wächst – breites „Bündnis für Verkehrswende nördliches Rheinland-Pfalz“ gegründet – Forderung: Erhalt und Reaktivierung aller Schienenstrecken für einen ökosozialen und zukunftsfähigen Güter- und Personenverkehr.

Der Widerstand gegen eine etwaige  Entwidmung der alten Bahnstrecke 3015 Koblenz-Lützel – Metternich – Rübenach – Bassenheim formiert sich. In Koblenz hat sich aktuell ein breites Bündnis aus Umwelt- und Verkehrsverbänden, Bahninitiativen und Verkehrsplanern aus dem gesamten nördlichen Rheinland-Pfalz zusammengefunden, die einen teilweisen Verkauf der Schienenparzelle durch die Stadt Koblenz an Privatfirmen verhindern wollen. Es geht ihnen aber nicht nur um den Erhalt dieser einen Strecke, ihr Ziel ist eine Beschleunigung der Verkehrswende in ganz Nord-Rheinland-Pfalz, bei der alle noch sinnvoll nutzbaren Schienenanlagen modernisiert und attraktiv eingebunden werden. Dies stärke die regionale Wirtschaft, entlaste die Bevölkerung und Umwelt und helfe bei der Erreichung der verbindlichen Klimaziele, so das neue „Bündnis für Verkehrswende nördliches Rheinland-Pfalz“ in seiner Pressemitteilung.

Auf der Gründungsversammlung waren Vorstände und Aktive von BUND, VCD, Pro Bahn, der BI Koblenz-Ochtendung, der Brexbachtalbahn e.V, der IG Westeifelbahn sowie einzelne Verkehrsplaner und Unternehmer zuversichtlich, dass die Spitzenpolitiker der Stadt sowie des Landes diese Anliegen unterstützen könnten. Gespräche mit dem neuen Oberbürgermeister, öffentliche Expertendiskussionen, Kontakte mit Firmen und potenziellen Nutzern sowie eine Radbefahrung von Bassenheim nach Koblenz sind in Vorbereitung. Weitere Gruppierungen und interessierte Personen sind herzlich zur Mitarbeit eingeladen.

Vorrangiges Ziel zum Beispiel für den BUND ist es, der Verschärfung der Verkehrs- und Klima­problematik in unserem Ballungsgebiet konkret entgegenzutreten. „Koblenz erstickt in Blech und Abgasen, vor allem durch PKW-Pendler aus dem Umland. Die Infrastruktur des Nah- und Fahrradverkehrs ist völlig unattraktiv für einen Umstieg vom Auto. Klima und Gesundheit leiden weiter, wenn hier nicht endlich neue Wege gegangen werden. Die alte Schienenstrecke jetzt auf Druck von Privatinteressenten aufzugeben, wäre kurzsichtig und verbaue endgültig die Möglichkeit einer Entlastung und Anbindung unserer nordwestlichen Stadtteile mit einem modernen Shuttlesystem“ so Egbert Bialk vom BUND Koblenz. Ein Radweg auf der Bahntrasse sei eine Mogelpackung, dazu langwierig und parallel auf vorhandenen Wegen leichter und billiger zu realisieren. Michael Carl, stellvertretender Landesvorsitzender des BUND verweist auf zahlreiche gelungene Schienenreaktivie­rungen in Süd-Rheinland-Pfalz: „Hier ziehen auch die Kommunen mit, und der RLP-Takt funktioniert.“

Der Trierer Verkehrswissenschaftler Dr. Karl Georg Schroll, zugleich Vorsitzender der Bahn-Initiative Koblenz-Ochtendung (BIKO) weist auf die ungenutzten Chancen für die Wirtschaft und Verwaltung entlang der Trasse hin: „Ob IKEA, das Bundeswehrzentralkrankenhaus oder Canyon und Amazon, sie alle würden profitieren, für ihre Mitarbeiter, Kunden und Zulieferer. Schließlich wurde das große Gewerbegebiet am Koblenzer Kreuz seinerzeit mit der Aussicht auf einen Schienenanschluss genehmigt. Die Abzweiggleise dorthin sind rechts­kräftig planfest­gestellt. Ich bin überzeugt, die Betriebe würden sie nutzen und ein Betreiber ließe sich finden, wenn Stadt und Kreis dies offensiv angingen. Dies habe ich schon einmal so ähnlich mit großem Erfolg in meiner ostfriesischen Heimat durchsetzen können.“

Martin Mendel, Vorstandsmitglied des Fahrgastverbandes Pro Bahn sieht die Chance ebenfalls in einem gemeinsamen Vorgehen der Verbände mit der Wirtschaft, den Städten, Gemeinden und Kreisen: „Firmen erhielten eine moderne Logistik unter Nutzung des europäischen Schienennetzes und wären nicht nur auf LKW angewiesen. Beschäftigte könnten leichter zu ihrem Arbeitsplatz ohne eigenes Auto, das Ganze dann ergänzt mit attraktiven Schienenfahrzeugen für den Personentransport, Park & Ride und Tourismus­verkehren – das Verkehrsgeschehen in und um Koblenz würde zukunftsfähig.“ Johannes Fuck, Inhaber einer Metternicher Druckerei, forderte als Grundlage vertiefte und transparente Daten seitens der Stadt und anschließend eine erste ergebnisoffene Studie.

Stephan Kaiser von der MSW Ingenieurgesellschaft kann sich auch eine S-Bahn-ähnliche Gestaltung der Strecke mit neuen bedarfsgerechten Haltepunkten vorstellen und einer Durchbindung über Stadtmitte und Hauptbahnhof bis zum Verwaltungszentrum Rauental. Kaiser: „Die Chancen für den neuen Haltepunkt Rauental/Goldgrube stehen gut. Man muss nur im Hauptbahnhof Kopfmachen, das dauert wenige Minuten, dann fährt der Zug umweltfreundlich mitten in das Dienstleistungszentrum und erschließt ein Potenzial von vielen Tausend Nutzern.“ Uwe Lütge vom VCD und der Agenda 21 verweist auf weitere gelungene schienengebundene Modelle wie  zwischen Bretten und Karlsruhe, wo die Bahn im Zentrum als Straßenbahn fährt. „Warum nicht auch von Horchheim über die südliche Vorstadt in die City? Koblenz muss endlich seine Denkblockaden auflösen“, so Lütge.

Das Bündnis trifft sich künftig monatlich, das nächste Mal am 20. Juni, um 14:30 Uhr, im BUND-Büro im Dreikönigenhaus, Entenpfuhl 15, wo das weitere Vorgehen diskutiert und geplant wird. Weitere Interessierte sind willkommen, sie können sich an das BUND-Regionalbüro Koblenz wenden, das das Bündnis organisatorisch unterstützt, über Tel. 0261-9734539, E-Mail <link>regionalbuero-koblenz@bund-rlp.de.

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