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Natenom-Gedenken: „1,5 Meter Überholabstand ist kein Luxus!“

Mainz 11.2.2024. Rund 100 Radfahrende gedachten des am 30. Januar auf einer Landstraße bei Pforzheim getöteten Radaktivisten Andreas Mandalka alias Natenom. Sie forderten u.a. Geschwindigkeitsreduktion auf Landes- und Bundesstraßen, wo es keinen sicheren direkten Radweg in gutem Zustand gibt.

Nach einer kurzen Fahrt, die vom Goethe-Platz hin zum rheinland-pfälzischen Verkehrsministerium führte, gedachten die Teilnehmenden des Verstorbenen in aller Stille. Deutschlandweit hatte zum gleichen Zeitpunkt in ca. 20 Städten eine Schweigeminute stattgefunden.

Danach wurden die Radfahrenden laut. Politik und Verwaltung müssten endlich tätig werden und die Rahmenbedingungen verbessern, damit mehr Schutz für Radfahrerinnen und Radfahrer möglich werde. „Erkennt endlich an, dass der wachsende Radverkehr verstärkte Bemühungen zur Verbesserung der Infrastruktur und Änderungen im Gesetzesrahmen erfordern. Und setzt die dafür erforderlichen Maßnahmen um!“ so Michael Gutmann vom Allgemeinen Deutschen Fahrrad-Club (ADFC) Mainz-Bingen.

Claudia Kunz, stellvertretende Vorsitzende des VCD Rheinland-Pfalz, berichtete über ein Gemeinschaftsprojekt des ADFC Mainz-Bingen, des Radfahrbeauftragten der Stadt Bingen und des VCD. „Denn, ja, irgendwie 'passt' der Unfall leider ins Bild.“

Überholvorgänge mit weniger als 1,5m Abstand

Bei Überhol-Abstandmessungen im Herbst 2023 in der Stadt Bingen sowie auf drei Landstraßen in der Umgebung haben Claudia Kunz und der Radfahrbeauftragte über 1.000 Überholvorgänge dokumentiert. Das Ergebnis: außerorts überholt nur knapp ein Drittel der Fahrzeuge korrekt. Jedes 5. Fahrzeug unterschreitet den vorgeschriebenen Mindestabstand um mehr als einen halben Meter. „Und in einzelnen Fällen wurde ich mit weniger als einem Meter Abstand überholt“, berichtete Kunz.

Dies obwohl außerorts wegen der hohen Geschwindigkeiten ein Mindestabstand von 2 Metern gilt. „Diese Regel ist kein Luxus. Sie ist auch nicht gedacht als Schikane für Autofahrende. Sondern sie ist aus Sicherheitsgründen notwendig. Wird mit zu engem Abstand überholt, ist das nicht nur sehr unangenehm auf dem Rad, sondern gefährlich“, ermahnte Kunz eindringlich.

Wo der Platz auf der Straße nicht reicht, um sicher zu überholen, muss dringend das Tempo reduziert werden. Claudia Kunz berichtete, dass die Stadtverwaltung Bingen ein Tempolimit von weniger als 100 km/h auf einer Landstraße ablehnt, obwohl die Fahrbahn sehr schmal ist und bei Gegenverkehr kein Überholen zulässt. Um korrekt hinter dem Fahrrad zu bleiben, statt gefährlich zu überholen, müssen Kraftfahrzeuge auf Fahrradgeschwindigkeit abbremsen, was bei Tempo 100 ungleich schwieriger ist als bei geringeren Geschwindigkeiten. Die Stadt argumentiert jedoch, das Tempolimit sei eine unverhältnismäßige Einschränkung der Freiheit von Autofahrern.

Unverhätnismäßig...

Kunz: "Ist es nicht vielmehr unverhältnismäßig, wenn Radfahrer und Fußgänger die Freiheit des Stärkeren mit ihrem Leben oder ihrer körperlichen Unversehrtheit bezahlen? Oder wenn Menschen auf ihre Freiheit verzichten, sich überhaupt zu Fuß oder mit dem Rad von A nach B zu bewegen?"

Der Radaktivist Mandalka wurde am 30. Januar diesen Jahres Opfer eines Unfalls bei der Fahrt mit dem Fahrrad auf seiner Hausstrecke, einer Landstraße bei Pforzheim. Er wurde von einem Autofahrer angefahren und starb noch am Unfallort.

(ck/rr/cb)

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