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Ohne Parkplätze keine florierenden Innenstädte: Ist das wirklich so?

Immer häufiger werden Parkplätze abgeschafft oder Innenstädte in fuß- und fahrradfreundliche Einkaufsquartiere umgebaut. Regelmäßig werden dabei die Einzelhändler:innen besonders laut. Ihr Einwand: Der Großteil der Menschen möchte für den Einkauf am liebsten direkt vor den Geschäften halten und dies möglichst günstig, wenn nicht sogar kostenlos. Doch ist das wirklich so?

Studien aus Deutschland und Frankreich belegen das Gegenteil.
Fakt ist, der lokale innerstädtische Einzelhandel ist durch die Konkurrenz des Online-Handels und der am Stadtrand liegenden Gewerbegebiete angeschlagen. Jede Maßnahme zur Reduzierung des Autoverkehrs in der Innenstadt wird daher schnell als zusätzliche Bedrohung für ihren Umsatz eingestuft.

Dennoch überschätzen die meisten Ladenbetreiber den Anteil ihrer Kunden, der mit dem Auto anreist, massiv. Wie eine Studie aus Berlin zeigt, kamen rund 93 Prozent aller Kunden zu Fuß, mit dem Fahrrad oder mit dem ÖPNV zu den Läden. Zusammen waren sie für 91 Prozent aller Umsätze verantwortlich. Die übrigen sieben Prozent der autofahrenden Kundinnen und Kunden tätigten lediglich 9 Prozent der Umsätze.

Zu einem ähnlichen Ergebnis kommt eine Studie der RWTH Aachen. Diese untersuchte, wie die Mietpreise der Geschäftsräume mit anderen Faktoren zusammenhängen. Etwa, ob die Immobilie in einer Fußgängerzone liegt, wie weit die nächste ÖPNV-Haltestelle entfernt ist oder wie weit die Parkmöglichkeiten von der Ladenfläche entfernt sind. Das Ergebnis: Einzelhandelsflächen sind dann wertvoller, wenn die Straße nicht mit Autos zugeparkt ist; es aber in bequemer Laufdistanz genügend Parkmöglichkeiten gibt. Die Autoren schlussfolgern, dass man Straßenparkplätze in Innenstädten deutlich reduzieren könnte, um den Platz in der Straße anders zu nutzen. Vorausgesetzt, dass gleichzeitig die vorhandene Kapazität in den Parkhäusern besser ausgenutzt werde.

Kunden des innerstädtischen Einzelhandels wohnen in der Nähe

Ein Artikel im französischen Online-Journal Theconversation.com trägt Studienergebnisse aus französischen Groß- und Kleinstädten zum Thema „Parkplätze in Innenstädten“ zusammen. Wenig überraschend sieht es in den französischen Großstädten Rouen, Lille und Nancy ähnlich aus wie in Berlin und Aachen. Die Studien belegen, dass die Kunden des lokalen Einzelhandels meist in der Nähe wohnen und zu Fuß oder mit dem ÖPNV anreisen. In Großstädten kaufen 84% der Einwohner eines Stadtzentrums am häufigsten eben auch dort ein, während nur wenige Bewohner aus den Randgebieten für ihre Einkäufe in die Innenstadt fahren. In mittelgroßen Städten (von 10 bis 100.000 Einwohner) ist ein ähnlicher Trend feststellbar: Nur 25 Prozent der Bewohner der Peripherie kaufen überwiegend in der Innenstadt ein.

Selbst in kleinen Städten, wie bspw. Saint-Omer (13.000 Einwohner) gehen fast 40 % der Kunden zu Fuß, allerdings fahren 60 % mit dem Auto. Auch wenn hier die Zahl der Autofahrenden überwiegt, machen zu Fuß-Gehende immer noch einen großen Teil der Kundschaft aus.

Fehleinschätzung der Einzelhändler:innen

In der französischen Stadt Nancy wurden die Einzelhändler gefragt, wie ihre Kunden die Läden vermutlich bevorzugt aufsuchten. Das Ergebnis ist sinnbildlich für die Fehleinschätzung, die der Annahme zugrunde liegt, dass innerstädtische Parkplätze dem Handel zugute kommen. Die befragten Einzelhändler schätzten, dass 77 % ihrer Kunden mit dem Auto anreisten. Tatsächlich lag die Zahl bei nur 35%. Gleichzeitig gaben sie an, dass nur 11% ihrer Kunden zu Fuß unterwegs seien, die tatsächliche Zahl betrug allerdings 39%. Mit dem Fahrrad waren 13% der Einkaufenden unterwegs, die Einzelhändler schätzten ihren Anteil auf gerade einmal 1%. Ähnliche Fehleinschätzungen konnten in vielen anderen französischen Städten beobachtet werden.

Händler überschätzen, so kann geschlussfolgert werden, die Nutzung des Autos durch ihre Kunden. Vor diesem Hintergrund ist es nicht verwunderlich, dass sie Pläne zur Reduzierung des Autos in der Innenstadt fürchten. Kunden hingegen wünschen sich eher das Gegenteil - verkehrsberuhigte Flächen und begrenzten Platz fürs Auto.

Der Einzelhandel würde von einer Umgestaltung des öffentlichen Raums demnach profitieren, wenn dieser für Zu-Fuß-Gehende, für Fahrradfahrende und für den ÖPNV – also für uns Menschen und für nachhaltige Mobilität – umgestaltet wird. Statt auf Autoparkplätze zu pochen sollten Händler sich verstärkt für Fahrradstellplätze und Fußgängerwege einsetzen. Zwar geben Radfahrende pro Geschäftsbesuch im Schnitt weniger aus, als Menschen, die mit dem Auto kommen, aber sie suchen die Geschäfte häufiger auf, so dass sie im Laufe eines Jahres den Geschäften mehr Umsatz bringen. Daten aus allen Städten, die Autostraßen zurückgebaut haben, zeigen außerdem, dass die Menschen sich innerhalb kürzester Zeit anpassen, ihr Verhalten verändern und auf alternative Mobilitätsmittel zurückgreifen. Und dies eben auch zum Vorteil des innerstädtischen Einzelhandels ist.

(CB)

 

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