Rheinland-Pfalz

VCD trifft Staatssekretär Becht: Stärkung des Radverkehrs im Fokus

Der VCD hat sich zum jährlichen Austausch mit Verkehrsstaatssekretär Andy Becht getroffen. Hauptanliegen des VCDs war es, Bewusstsein für die Bedeutung des Radverkehrs für eine gelingende Klimawende zu schaffen. Zur Bewältigung der Klimakrise brauche es eine zügige und gründliche Verkehrswende.

Auch Staatssekretär Andy Becht misst dem Radverkehr hohe Bedeutung zu und erklärte, dass die Stärkung des Radverkehrs als alternatives Mobilitätsangebot zum Schwerpunkt der Verkehrspolitik des Landes zähle. Gerade in der Stadt biete das Rad hervorragende Möglichkeiten. Radinfrastrukturausbau gehe jedoch nur gemeinschaftlich mit den Kreisen und Kommunen, da die meisten Radstrecken in kommunaler Baulastträgerschaft liegen. Land, Kreis und Kommunen seien hier eng vernetzt und arbeiten seit Jahren gut und konstruktiv zusammen, um die Radinfrastruktur in Rheinland-Pfalz attraktiver zu machen. „Alle wollen eine attraktive Radinfrastruktur und im gemeinsamen Schulterschluss können wir das Ziel auch erreichen“, so Becht. Hier seien die 7 Pendlerrouten, die in Rheinland-Pfalz entstehen, ein hervorragendes Beispiel für die sehr gute Zusammenarbeit.

Alltagstaugliche, attraktive Radroutennetze

Ein gewichtiger Beitrag besteht nach Ansicht des VCD-Landesvorsitzenden Rupert Röder  darin, mit hoher Priorität alltagstaugliche, attraktive Routennetze mit einer kleinräumigen Orientierung auf die Haltepunkte des Schienenverkehrs im ganzen Land auszuweisen. Aus der vom rheinland-pfälzischen Verkehrsministerium finanzierten eVelo-Studie des Instituts für Mobilität der TU Kaiserlautern (2020-2021) geht hervor, dass fast 90 Prozent der Bevölkerung von Rheinland-Pfalz - inklusive der sogenannten „ländlichen Räume“ - in einem 10 km-Radius um Bahnstationen wohnen. Diese Entfernung sei auch im hügeligen Gelände leicht mit dem „eVelo“, dem Pedelec, zu bewältigen, sofern mit Rad oder Pedelec gut befahrbare Straßen existieren und eine durchgängige Routennetzplanung und -auszeichnung den Weg finden lässt. Eine funktionierende Schnittstelle von Pedelec/Rad zum Schienenverkehr würde im Ergebnis eine wesentliche Komponente für eine flächendeckende Alternative zur Nutzung des motorisierten Individualverkehrs bereitstellen.

Verkehrsstaatssekretär Andy Becht berichtete von zahlreichen Projekten in seinem Haus, mit denen der Radverkehr im Land vorangebracht werde. Beispielsweise über die 7 Pendlerradrouten. Mit diesen sollen genau jene Radnetze zwischen Städten, Bahnhaltepunkten oder Fixpunkten wie Hochschulen entstehen. Dafür wurden geeignete Korridore über eine Potenzialstudie ermittelt, mit dem Ergebnis, dass derzeit ganze sieben Pendlerradrouten im Land in Planung bzw. in der Umsetzung werden. Die Pilotstrecke Mainz – Ingelheim – Bingen ist zu großen Teilen bereits realisiert.

Zudem berichtete Staatssekretär Becht, dass 8 neue Radverkehrs-Teams an jeder regionalen Dienststelle des Landesbetriebs Mobilität sowie der LBM-Zentrale in Koblenz gegründet wurden. Sie beraten Kommunen und planen eigene Radwege entlang von Landesstraßen. „Das Schaffen solcher Strukturen mit direkten Ansprechpartnern ist wichtig und wird der Stärkung des Radverkehrs in Stadt und Land einen enormen Schub geben“, so Becht. Klar sei aber auch: die Kommunen müssen den Radinfrastruktur-Ausbau in ihrer Stadt oder Gemeine wollen. Das Land, der LBM und auch der Bund unterstützten mit Beratung, Förderung und auch Vernetzung wie beispielsweise über die Gründung einer AGFK mit den Kommunen. Rund 55 Interessenten gebe es bereits.

Neben der eigenen Radwegeförderung des Landes biete beispielsweise das Bundesverkehrsministerium mit dem Sonderprogramm „Stadt und Land“ eine sehr attraktive Fördermöglichkeit für Radprojekte und Radwege an, von dem bereits einige Projekte in Rheinland-Pfalz profitiert hätten, so Becht.

Zwischenort-Verbindungen ohne straßenbegleitenden Radweg

Ein weiteres Anliegen des VCD waren die Straßen außerorts, die mit meist nur wenigen Kilometern wichtige Verbindungen zwischen Ortschaften darstellten und teilweise keinen straßenbegleitenden Radweg aufwiesen. Es fehle vielfach an Platz, um Radspuren oder separierte Radwege anzulegen. Der Gehweg, sofern vorhanden, sei häufig gleichfalls zu schmal oder in schlechtem Zustand.

Die Vertreter des Ministeriums erläuterten, dass viele Verkehrssituationen, historisch gewachsen seien. Typische Beispiele seien enge Ortsdurchfahrten, die man nicht ohne weiteres ändern könne, weil schlicht Wohnhäuser dort stehen. Auch im Bereich der grünen Wiese könne man nicht ohne weiteres einen Radweg bauen. Es gilt Umweltschutzbelange zu beachten. Somit benötigt man im Radwegebau immer auch ein Planungs- und Baurechtsverfahren. Die Schaffung von Planrecht für ein Radwegevorhaben ist vom Umfang und vom Zeitaufwand vergleichbar sei mit der Schaffung von Planrecht für ein Straßenvorhaben.

Frau Kunz vom VCD beschrieb anhand einer Fotodokumentation das Beispiel der B48 zwischen Bingen und Münster-Sarmsheim. Obwohl vom Landesradroutenplaner als Route generiert, erlaube das Straßenstück bei der zulässigen Höchstgeschwindigkeit von 100 km/h keinen sicheren Radverkehr. Das Postulat des VCD: Straßenstücke, die wesentlicher Teil von Radrouten sind, müssten zeitnah sicher für den Radverkehr gemacht, es dürfe nicht auf eine jahrzehntelange Entwicklung von Radwegen gewartet werden. Wenn es jetzt nicht anders gehe, sei die Einführung einer Höchstgeschwindigkeit von Tempo 50 geboten, deren Einhaltung zu überwachen sei. Frau Kunz vom VCD hat in diesem Sinn individuell, in Zusammenarbeit mit dem Landesverband, im August ´22 einen Antrag auf Tempo 50 für die B 48 zwischen Bingen und Münster-Sarmsheim beim Kreis gestellt, der in Bearbeitung ist. Das Ministerium wies daraufhin, dass hierüber im Sinne die zuständige Straßenverkehrsbehörde, im vorliegenden Fall also die Kreisverwaltung, befinden müsse. Aus Sicht des VCD müsse dieser Einzelfall geprüft werden.

Generell spricht sich der VCD dafür aus, auf Landstraßen zur Sicherheit der Radfahrer Tempolimits einzuführen. Das Interesse der Autofahrenden müsse zurückstehen.

Becht erläuterte, dass in Deutschland bundesweit die Straßenverkehrsordnung gelte. Diese sieht für Bundesstraßen grundsätzlich eine zulässige Höchstgeschwindigkeit für Pkw von 100 km/h vor (§ 3 Absatz 3 StVO). Geringere zulässige Höchstgeschwindigkeiten könnten allein in den in § 45 StVO genannten Ausnahmefällen von der jeweils zuständigen Straßenverkehrsbehörde angeordnet werden. Der Staatssekretär erklärte, dass das Anliegen des VCD demzufolge nur durch Änderung von Bundesrecht (insbesondere der StVO) umsetzbar wäre und damit nicht ganz einfach sei. Auch ob es dafür die nötigen Mehrheiten gebe, stellte Becht zumindest in Frage.

Becht begrüßte, dass in der jüngsten Novelle der StVO 2021 für die Sicherheit der Radfahrenden ein Mindestabstand von zwei Metern beim Überholvorgang außerorts eingeführt wurde (1,5 m innerorts).

RVEP 2030

Auch die Handlungsfelder aus dem Radverkehrs-Entwicklungsplan Rheinland-Pfalz 2030 bleiben Schwerpunkte bei der Attraktivierung des Radverkehrs in Rheinland-Pfalz. Der RVEP gilt als Leitfaden und Handbuch für alle Akteure, die zu einer attraktiven Radinfrastruktur beitragen können. Der Radverkehrs-Entwicklungsplan Rheinland-Pfalz 2030 entstand in der Zusammenarbeit mit gut 40 Vertretern von Kommunen, Verbänden und Abgeordneten aller Landtagsfraktionen.

Becht betonte abschließend, dass der Radverkehr im Verkehrsministerium auch weiterhin höchste Priorität genieße. Wir wollen mehr Radverkehr in der Stadt und auf dem Land, im Alltag, für die Rheinland-Pfälzerinnen und Rheinland-Pfälzer, aber auch für unsere Besucher, die touristischen Gäste. Wir setzen hier also auch klar auf Synergien – unsere Tourismus- und Verkehrspolitik profitieren voneinander. Jeder in den touristischen Radverkehr investierte Euro ist damit auch eine Investition in die Radinfrastruktur. Anders herum genauso. Hier profitieren wir ganz klar vom Zusammenschnitt unseres Hauses, das den Verkehr genauso wie den Tourismus beheimatet.

Sehr positiv sieht der VCD zudem, dass die Haushalte von Bund und Land eine Stärkung des Radverkehrs vorsehen.

Der VCD Landesverband dankt Herrn Staatssekretär Andy Becht und seinen Mitarbeiter*innen für das informative Gespräch und freut sich auf einen anknüpfenden Termin im Laufe des folgenden Jahres!

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