Rheinhessen
Die häufigsten Konstellationen bei Fahrradunfällen betreffen das Einbiegen, Kreuzen und Abbiegen von Kraftfahrzeugen. Vor allem in der Rheinallee und der Binger Straße erweisen sich Kreuzungen und Grundstückseinfahrten zu Parkplätzen von Einkaufsmärkten als gefährlich für Radfahrende – das zeigt die Unfallstatistik der Mainzer Polizei.
Speziell bei der Rheinallee macht sich auch die fehlende Querungsmöglichkeit für Fußgänger und Radfahrer auf 1,1 Kilometer Länge bemerkbar. Sie führt teilweise zu gefährlichen Manövern wie das regelwidrige Befahren des Radwegs in der Gegenrichtung. Trotzdem gibt es in Mainz keine offiziellen (Fahrrad-)Unfallhäufungsstellen, weil die Kriterien dafür nicht das geringere Radverkehrsaufkommen berücksichtigen, sondern gleich sind wie bei Kraftfahrzeugen. „Eine Erweiterung der Regeln für den Radverkehr zur Behandlung von Unfallstellen in der Unfallkommission ist dringend geboten“, so der Experte Michael Gutmann. Denn während bei Verkehrsunfällen allgemein im Schnitt zehn Prozent Verletzte zu beklagen sind, sind es bei Fahrradunfällen 70 Prozent und bei solchen mit Fußgängern sogar 90 Prozent. „Deswegen ist es hier besonders wichtig, sich mit den Ursachen und Möglichkeiten zur Unfallvermeidung zu beschäftigen“, so Gutmann.
Typische Unfallursachen bei sogenannten Alleinunfällen, also solchen ohne Beteiligung anderer Verkehrsteilnehmer, sind Bordsteinkanten und Straßenbahnschienen. In der Breite Straße erweist sich ein weiterer Unfalltyp als problematisch, nämlich sogenannte Dooring-Unfälle. Sie passieren, wenn sich plötzlich eine Autotür öffnet und dadurch ein Radfahrer zu Schaden kommt. Das Verletzungsrisiko ist dabei besonders hoch. Deswegen müssen Radfahrer ausreichend Abstand zu parkenden Fahrzeugen halten – mindestens ein Meter, so die Rechtsprechung. Das erfordert allerdings ein gesundes Selbstbewusstsein, denn vom fließenden Kfz-Verkehr werden Fahrräder, die nicht äußerst rechts fahren, oft als Verkehrshindernis wahrgenommen und bedrängt. Dabei ist die Lage klar: Das Rechtsfahrgebot bedeutet nicht, dass man sich selbst gefährden muss.
Im Fall der Breite Straße ist das Abstandhalten von parkenden Fahrzeugen jedoch durch das notwendige Kreuzen der Straßenbahnschienen erschwert. Stellen wie diese illustrieren, wie dringend es ist, Lösungen zu finden, um den Radverkehr auf sicheren Wegen zu führen. Ein Meter Abstand nach rechts zu parkenden Autos plus 1,5 Meter Sicherheitsabstand von der Lenkerspitze nach links, bedeutet, dass das Überholen von Fahrrädern in den meisten Straßen nur selten möglich ist.
Die Auswertung zeigt, wie wichtig eine gute und intuitiv nutzbare, durchgängige Fahrradinfrastruktur ist. Nur wenn es gelingt, das subjektive Sicherheitsgefühl im Straßenverkehr zu erhöhen, lassen sich mehr Menschen ermutigen, auf‘s Rad zu steigen und das Auto stehen zu lassen! Die Folge wäre weniger Autoverkehr, wodurch sich wiederum die Sicherheit und Attraktivität für den Fuß- und Radverkehr erhöhen würde – eine positive Spirale könnte in Gang kommen und wiederum denjenigen zugutekommen, die wirklich auf ein Kraftfahrzeug angewiesen sind.
Aufruf zur Beteiligung: Wer in Mainz wohnt bzw. dort mit dem Rad unterwegs ist, kann helfen, Gefahrenstellen zu melden und so vielleicht dazu beitragen, dass solche Stellen in Zukunft sicherer gemacht werden. Das Mainzer Radfahrforum hat ein Gefahrstellenkataster ins Leben gerufen, bei dem auf einer Karte des Mainzer Stadtgebiets Gefahrstellen im Radverkehrsnetz sowie Verbesserungsvorschläge verzeichnet werden. Gesucht werden vor allem Leute aus anderen Stadtteilen als Alt- und Neustadt, die über mapathon@adfc-mainz.de Hinweise zu fehlenden Markierungen oder andere Gefahrenstellen liefern, am besten dokumentiert mit Foto.
Mit viel Engagement hat Michael Gutmann vom Mainzer Radfahrforum die Statistik der Polizei über Unfälle mit Fahrradbeteiligung von 2021 bis 2024 ausgewertet und beim VCD-Themenabend vorgestellt.